Medizin-Geschichten

Die Heilpflanze des Monats Januar 2014
Kurioses, Bizarres, Interessantes

Folge 21: Granatapfel (Punica granatum)

Rote Äpfel mit Krönchen, prallvoll mit saftigen roten Samen, die wie Juwelen leuchten – Granatäpfel bieten sich als mythologische Frucht geradezu an.

Granatapfelblüte. Die Blüten des Granatapfelbaums galten als Wundermittel gegen Augenleiden: Wenn man drei Blüten isst, ist man ein Jahr vor Augenkrankheiten geschützt, hieß es.
Fotos: Armstrong

So gelten die samenreichen Granatäpfel, die aus der Mittelmeerregion stammen, seit 5000 Jahren im gesamten mediterranen Bereich als Symbol der Fruchtbarkeit, der Felder und Gärten, der Haustiere und der Menschen. Außerdem waren diese saftig roten Früchte Symbole der sinnlichen, erotischen Liebe und damit Attribute von Liebesgöttinnen. Schon in Mesopotamien war der Granatapfelbaum der Liebes- und Fruchtbarkeitsgöttin geweiht.

Für die Griechen war der Granatapfel ebenfalls mythologisch bedeutsam. Zeus gab Hera als Brautgeschenk einen Granatapfel. Und auch Paris überreichte der schönsten Göttin, bekanntlich der Aphrodite, wohl einen Granatapfel, denn unsere Äpfel kannten die Griechen gar nicht. Als Sinnbild der Fruchtbarkeit warfen die Gäste in alten hellenischen Zeiten beim Eintritt eines Brautpaares einen Granatapfel auf den Boden und zertrümmerten ihn. Die vielen roten Samen waren Zeichen für Glück, Überfluss, reichen Segen und Fruchtbarkeit. Diesen Brauch soll es übrigens noch immer geben.

Bild oben: Unreifer Granatapfel mit Krönchen. Die gekrönte Frucht inspirierte auch Künstler. Zum Beispiel die Meißener Porzellanmaler: Das berühmte Zwiebelmuster soll nämlich nichts mit Zwiebeln zu tun haben, sondern auf stilisierte Granatäpfel zurückgehen. Fotos: Armstrong

Den Granatapfel als Symbol der Weiblichkeit und der Liebe findet man auch im Alten Testament, etwa im Hohen Lied des Salomo. In Judäa war der Granatapfel die einzige Frucht, die ins Allerheiligste des Tempels gebracht werden durfte. Das Gewand der Hohepriester zierte ein Saum von gestickten Granatäpfeln.

Das änderte sich mit dem Christentum. Die Symbolik wurde umgedeutet: Der Granatapfel stand nun für die Jungfrau Maria, die mit Jesus die köstlichste Frucht gebar. Die vielen Samen waren Symbole für die vielen Heiligen der Christen, der rote Saft symbolisierte das Blut der Märtyrer.

Eine weitere Besonderheit des Granatapfels ist das Krönchen. Der Kelch der Blüte ist fleischig und bleibt als kleine Krone auf der Frucht stehen. Die gekrönte Frucht war seit dem Altertum ein Macht- und Herrschaftssymbol. Könige und Kaiser trugen sie als „Reichsapfel“ in der Hand oder als Zierde auf dem Zepter.


Nach Jahrhunderten von Liebe, Erotik und Macht rund um den Granatapfel ging es ab dem 16. Jahrhundert mit der Symbolik bergab. Ab 1520 nannten die Franzosen ihre Kanonenkugeln „Granaten“, da sie der Frucht ähnelten. Seit 1616 wurde der Begriff auch im Deutschen übernommen. Noch heute sprechen wir von „Hand-Granaten“.

Erst der französische Schriftsteller Paul Valéry (1871 bis 1945) besann sich wieder auf die alte Symbolik und gab dem Granatapfel seine erotische Bedeutung zurück. Und die hat er auch heute noch.

Quellen:
u.a. Marianne Beuchert: „Symbolik der Pflanzen“ und Bochumer Botanischer Verein e.V.

Ursula Armstrong | Redaktion | Sperberweg 2 | D-82152 Krailling | Telefon: +49 (0) 163 / 313 21 10 | e-mail: mail@uschi-armstrong.de | www.redaktion-armstrong.de


Rote Juwelen: Ein Granatapfel hat bis zu 400 Samen. Darauf bezieht sich auch der Name: Das lateinische Wort „granatum“ heißt so viel wie „körnig, kernreich“. Der botanische Name „Punica“ stammt ebenfalls von den Römern. Sie nannten die Frucht „Punischer Apfel“ nach den Puniern oder Karthagern. So bezeichneten die Römer die Phönizier, die als Seefahrer den Granatapfel im Mittelmeerraum verbreiteten.   Foto: Armstrong

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